Norbert Hartl
Vom Ferialpraktikanten zum Eigentümer mit über 500 Mitarbeitern.
Welche Rolle spielen Baumeister in der Förderung der regionalen Wertschöpfung in Österreich?
Der heimische Baumeister, in Bezug auf die Regionalität der Bauwirtschaft, hat drei wichtige Funktionen.
Erstens: Er ist Arbeitgeber in der Region. Damit ist er auch Steuerzahler, Kommunal-Steuerzahler in der Region, in der Gemeinde und ist auch verantwortlich für kurze Arbeitswege.
Das Zweite: Er ist Auftraggeber für die regionalen Lieferanten.
Und drittens: Er ist verantwortlich, dass die Gebäude, die hier in der Gegend gebaut werden
und wurden, sichtbar, schön, angenehm und platziert sind.
Welche Bedeutung hat regionale Wertschöpfung im Kontext des Bauwesens?
Bauen heißt immer das Umwälzen großer Mengen, großer Einheiten. Ob das ein Aushub ist, ob das die Lieferung von Materialien sind oder auch die benötigte Arbeitskraft. Es macht einen Unterschied, ob man 10.000 Kubikmeter Aushub einen Kilometer weit wegfahren muss, zu einer Deponie, oder 100 Kilometer bewegen muss.
Je mehr Regionalität Sie in diese Wertschöpfungskette bringen, umso mehr haben Sie Schonung in der Umwelt.
Wir als Unternehmen – und nicht nur wir – sind sehr stark geprägt von stabilen Lieferketten, dass wir Lieferanten nicht über ein Jahr haben und nicht über zwei Jahre, sondern über Jahrzehnte.
Tolles Beispiel ist bei dem Eintreten von Lieferketten-Problemen, dass Sie eine stabile Verbindung
zu ihrem Lieferanten haben und auch in schwierigsten Zeiten versorgt werden.
Ganz wichtig neben den Lieferanten, aus meiner Wahrnehmung, sind auch regionale Subunternehmer. Ob es ein Bodenleger ist, ob es ein Maler ist oder ein Innenausbauer.
Da ist es sehr wichtig, auch hier wieder langfristige Subunternehmer-Beziehungen aufzubauen und die zu pflegen. Diese sozial wirtschaftlichen Netzwerke sind ein großer Vorteil.
Es macht auch einen Unterschied, ob man bei 5.000 Arbeitsstunden, die man vielleicht in ein Gebäude steckt, das aus der regionalen Bevölkerung beziehen kann, oder ob die Arbeitskräfte über hunderte Kilometer anreisen müssen.
Und in Summe dessen ist es natürlich ein großer Unterschied, nämlich im Bereich der Nachhaltigkeit, der Ökologie und auch für uns neuerdings sehr, sehr wertvoll und wichtig, des Klimaschutzes.
Auch ein Aspekt der Regionalität ist sicher, dass der regionale Baumeister sehr wohl versteht die Baukultur, die in diesem Bezirk, Landkreis vorherrscht, der sehr klar definieren kann, wie wurde in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten hier gebaut? Und wie sollten Gebäude sich hier in die Landschaft, in die Bevölkerung, in die Soziologie einfügen?
Können Sie konkrete Projekte nennen, bei dem Sie die regionale Wertschöpfung besonders gefördert haben?
Wir haben hier im Ort so ziemlich alle öffentlichen Gebäude gebaut. Zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit: die Polizeistation, die in sechs Monaten hingestellt, übergeben und bezogen wurde.
Und die Schule, hier hat sich auch die Gemeinde, die Bevölkerung dahinter gestellt, dass der örtliche Baumeister hier diese Aufgaben erfüllen kann.
Hier kommt es zu einem Rückfluss, der nicht zu verachten ist, nämlich dahingehend, dass Menschen, die an diesem Gebäude mitgearbeitet haben, nämlich die und unsere Mitarbeiter, die im Ort leben, vorbeifahren und sagen: An der Schule habe ich mitgebaut.
Die Idee der dörflichen Struktur, des Miteinanders ist in diesen Bauwerken sehr gut erkennbar und lässt sich auch auf Teile einer urbanen Siedlung übertragen und ist auch ein sehr wichtiger, sozialpolitisch interessanter Aspekt, den man bei Vergaben nicht außer Acht lassen sollte.
Referenzprojekte
Wie wirkt sich die regionale Wertschöpfung auf die Qualität und Gewährleistung der Bauprojekte aus?
Ein Beispiel bei uns: Sie können zu uns kommen – wir haben die Pläne von ungefähr 1950/1952 aufgehoben. Wir schmeißen nichts weg, alles archiviert. Also, wenn jemand sagt: Ich habe das Haus von meinem Großvater geerbt, dann schauen wir nach und sagen: Haben wir gezeichnet, haben wir gebaut. Hier sind die Pläne, hier ist die Statik. Was können wir für Sie tun? Das ist gelebte Regionalität.
Gerade bei diesen großen Investitionen, die jemand in seinem Leben schaffen will, ist es sehr wichtig, die Qualität vor die Kosten zu setzen. Denn wenn ein Haus einmal Schäden hat, Mängel hat, gröbere Mängel hat, sind die nur mit unheimlichem finanziellem Aufwand zu beheben.
Grenznahe Gebiete haben natürlich eigene Regeln und eigene Voraussetzungen. Aber ich kann jedem Bauherren, wenn es darum geht, ausländische Unternehmen zu beauftragen – Ja oder Nein? –
zwei Dinge zumindest mit auf den Weg geben: Hast du die Chance überhaupt zu erkennen, die Qualität, die diese Firma dir liefern wird? Welchen Ruf, welchen Standard und welche Referenzen diese Firma zu bieten hat. Das zweite ist, und das ist, glaube, bei Bauwerken sehr, sehr kritisch: Wie schafft man es, wenn Mängel auftreten? Wenn sie passieren, ist es wichtig, auf den Bauunternehmer zugreifen zu können, und zu sagen: Das ist passiert, das muss man beheben, das habe ich bezahlt, dafür stehst du mir gerade.
Und das funktioniert in Österreich hervorragend. Grenzübergreifend temporär oder schleppend oder wie man sagen sollte, eher schlechter. Und darum würde ich jedem empfehlen: Bleib’ im Ort, kaufe im Ort.
Integrieren Sie moderne Technologien (wie z.B. BIM) in Ihre Projekte, um die regionale Wirtschaft zu unterstützen?
Wir sind sehr stark gefordert, Regionalität auch mit Zukunft, mit Innovation zu verbinden. Das heißt, Digitalisierung, auch der digitale Zwilling in der Planung. All diese Themen, Visualisierungen, Vermessung. Also man darf Regionalität, Tradition nicht zum Opfer fallen lassen, dass man sagt: Das Unternehmen entwickelt sich nicht.
Die Prozesse im Bauwesen zu digitalisieren, zu optimieren bedeutet auch kostengünstiger zu sein. Wir haben nach wie vor Potenziale von 20 bis 25% Produktivitätsverlust auf den Baustellen. Hier haben wir aber ein Spielfeld, das wir bearbeiten können, um besser zu werden und besser zu werden für die Kunden, um besser zu werden für die gesamte Bauwirtschaft.
Werdegang
1962
Geboren in Gmunden, seine ersten Jahre verbrachte er in der Ebensee bevor er mit Schulanfang zurück nach Attnang zog, Hauptschule absolvierte er in Vöcklabruck und begann dann in der HTL in Linz Hochbau
1982
Matura an der HTL in Linz für Hoch- und Tiefbau
1982
Bundesheer
1983
Beginn des Studiums an der Keppler Universität Linz (Informatikstudium) – Studium beendet er 1989 (ohne Abschluss)
1983
Praktikum bei der Firma Schmid in Frankenburg
1986
Standortleiter Vöcklabruck (der Firma Schmid)
1990
Norbert absolviert die Baumeisterprüfung
1996
Norbert absolviert die Zimmermeisterprüfung
1999-2002
Masterstudium an der Donau- Universität Krems (MSc)
2004
Übernahme der Schmid Baugruppe (Management Buyout)
2009-lfd.
Landesinnungsmeister Bau OÖ
2010
Ausbildung zum Immobilientreuhänder
2010-lfd.
Obmann des BUAK-Ausschusses OÖ
2010-2011
MBA Studium für Bauwirtschaft
2015
gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Bauwesen & Immobilienwesen
2015-lfd.
Lektor an der FH OÖ
2015-lfd.
Vorstandsmitglied der Bauakademie
2018-lfd.
Bundesinnungsmeister Stellvertreter Österreich
2018-lfd.
Vorstandmitglied der BUAK